Beim Thema Piercen kommen wir um ein Thema nicht herum: wie fallen die Narben aus, wenn der Schmuck entfernt wird. Generell kann gesagt werden, dass es Piercings ohne Narben schlichtweg nicht gibt. Der Prozess ist uns bekannt, der Körper wird verletzt, in die Verletzung wird ein Schmuckstück eingesetzt. Ab diesem Moment fängt der Körper mit der Heilung der Wunde an. Da sich in der Wunde allerdings ein Fremdkörper (Schmuck) befindet, bildet der Körper um diesen herum fragiles Narbengewebe, um sich vor dem Eindringen von Schadstoffen zu schützen. Bei einer oberflächlichen Verletzung, wie beispielsweise eines Kratzers, welcher nur die erste Hautschicht (Epidermis) verletzt, bildet sich (wenn keine Wundheilungserkrankung vorhanden ist) keine Narbe. Sobald die Verletzung tiefer im Gewebe, in der zweiten oder dritten Hautschicht (Dermis oder Subcutis) liegt, bildet sich eine Narbe, die je nach Abheilung größer oder kleiner ausfallen kann. Da ein Piercing durch alle Hautschichten hindurchdringt, bildet sich nahezu immer eine Narbe. In besonderen Fällen, beispielsweise wenn der Schmuck direkt nach dem Piercen entfernt wird, kann dies ausbleiben.
Narben verändern sich mit der Zeit von selbst, anfangs sind sie noch intensiv rot, nach und nach werden sie heller. Sie reifen und schrumpfen. Je nach Tiefe der Verletzung kann eine Narbe nach Jahren (fast) verschwinden bzw. (nahezu) unsichtbar werden. Bei einem Piercing, welches ausgeheilt ist, ist das eher seltener.
Es lohnt sich auf jeden Fall bei deine*r Piercer*in mit einem Dehnstab probieren zu lassen, ob sich der alte Stichkanal wieder öffnen bzw. aufdehnen lässt. Die kraterförmige Narbe ist oft ein Indiz dafür, dass eine Öffnung möglich ist. Ein Piercing muss also nicht immer „nachgestochen“ werden. Wenn der Schmuck in einem nicht abgeheilten, gereizten oder entzündeten Piercing entfernt wird, ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Stichkanal an der ein oder anderen Stelle wieder verwächst, relativ hoch. In diesem Falle ist die Narbe im Stichkanal nicht komplett ausgebildet, dieser noch nicht stabil. In diesem Stadium sondert dein Piercing meist noch Wundflüssigkeit ab. Hier bleibt eine sichtbare Narbe allerdings nicht aus.
Falls der Versuch des Aufdehnens nicht erfolgreich war, stellt sich die Frage, wie es sich mit dem Piercen an bereits vernarbten Stellen verhält. Dies ist leider pauschal schwer zu sagen, weswegen hier immer eine Rücksprache mit deinem Piercing-Studio notwendig sein wird. Verallgemeinernd kann gesagt werden, wenn deine Narbe weich bzw. nicht zu spüren und mindestens ein Jahr alt ist, die Chancen gutstehen, dass an dieser Stelle gepierct werden kann. Narbengewebe ist allerdings Gewebe, welches schlechter durchblutet ist als „gesundes“ Gewebe. Eine gute Durchblutung ist für den Heilungsprozess deines Piercings sehr wichtig, da nur dann die Wunde mit ausreichend Nährstoffen versorgt werden kann. Eine Narbe kann somit die Heilung deines Piercings verlangsamen. Aus diesem Grund sollte versucht werden, wenn es die Anatomie zulässt, die Narbe zu umgehen.
Bei Problemen mit deinem Piercing, welche über einen längeren Zeitraum auftreten, kann auch die Narbe größer ausfallen. Das passiert häufig, wenn ein Granulationsgewebe oder eine Entzündung nicht behandelt wird. In diesem Falle wird die Wunde größer, wodurch auch die Narbenfläche größer ausfallen wird. Größere Narben können auch bei Piercings beobachtet werden, welche migriert, also gewandert oder herausgewachsen sind. Bei manchen Piercings ist die Wahrscheinlichkeit eines Herauswachsens höher, dies wird aber im Studio mit dir besprochen. Erkennst du, dass dein Piercing sich verändert, kontaktiere dein*e Piercer*in, um größere Narben oder weitere Reizungen zu vermeiden.
Die Piercing-Narbe fällt auch größer aus, wenn du dein Piercing größer gedehnt hast. Je größer die Stärke des Schmucks war, die du zuletzt getragen hast, desto größer wird auch die Narbe und Dehnung des Gewebes ausfallen. Je nachdem wie stark dein Bindegewebe ist und wie viel Zeit du dir mit dem Dehnen gelassen hast, kann sich der Stichkanal wieder komplett zusammenziehen. Ab gewissen Größen ist dies allerdings nicht mehr möglich. Wenn dann der Wunsch vorhanden ist, wieder den Ursprungszustand vor dem Piercing zu erreichen, ist ein operativer Eingriff unvermeidbar.
Bei einer Operationsnarbe an beispielsweise Bauchnabel ist es nach der Heilung der Verletzung empfehlenswert die Narbe mit einem hochwertigen Öl oder einer Narbensalbe zu behandeln und mehrmals täglich über mehrere Wochen und Monate (das kann an die Veränderung der Narbe angepasst werden) dieses einzumassieren. Notwendig wird das allerdings nur, wenn die Narbe direkt durch den zu piercenden Bereich verläuft. Generell schließt eine Narbe ein neues Piercing an dieser Stelle nicht aus, nur die Beschaffenheit des Gewebes muss die Heilung eines Piercings zulassen. An einer größeren Narbe kann über einen gewissen Zeitraum eine Missempfindung oder Taubheit stattfinden, bei einer Piercing-Narbe tritt dies jedoch selten auf.
Abschließend ist zu sagen, dass Narben weder schlimm oder „hässlich“ sind. Viele Menschen mögen Narben, da sie die Geschichte des Menschen auf dem Körper hinterlassen.